Caged – Eingesperrt


Langsam öffnete ich wieder meine Augen. Es hatte sich nichts geändert. Ich saß immer noch hier.

   Allmählich sollte ich einsehen, dass das hier kein Traum war. Wie konnte es nur so weit kommen? Was war geschehen? Hatte ich irgendetwas getan, damit ich das hier verdiente? Ich wusste es nicht. Gab es überhaupt ein Verbrechen in diesem Universum, welches das hier rechtfertigte? Durfte man so etwas überhaupt mit einem fühlenden Wesen tun? So viele Fragen in meinem Kopf und keine Antworten.

   Ich zog meine Beine an meinen ausgemergelten Körper, verschränkte die Arme darauf und vergrub mein blasses Gesicht in ihnen. Ich wollte sie nicht mehr sehen. Wollte sie vergessen. Diese dünnen und doch so massiven Gitterstäbe, die mir den Durchgang verwehrten.

   Ein schwaches Licht erhellte den kleinen Raum. Es konnte die Dunkelheit kaum vertreiben. Hier war es furchtbar kalt und es stank. Ich wusste nicht woher dieser penetrante Geruch kam und ich wollte es auch gar nicht wissen. Vielmehr waren meine Gedanken damit beschäftigt, wann sie mich das nächste Mal holen würden. Ich betete, dass dieser Tag nicht kommen würde, doch ich wusste es besser. Sie waren bis jetzt immer wiedergekommen und sie würden auch dieses Mal kommen. Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken, als ich daran dachte was sie mit mir machen würden.

   Wie konnte es sein, dass manche Leute sich sosehr an dem Leid anderer ergötzten? Wie krank musste man sein um es zu genießen wie andere Schmerzen litten. Was ging in einem solchen Menschen nur vor? Ich wusste es nicht und wahrscheinlich wollte ich auch dies nicht wissen.

   Meine Gedanken wanderten zu den dichten Wäldern und den grünen, saftigen Wiesen meiner Heimat. Wie gerne ich dort immer gerannt war. Wie sehr ich es genossen hatte den Wind in meinen Haaren zu spüren. Zu fühlen wie sich meine Muskeln zusammenzogen und wieder streckten. Wie viel Spaß ich gehabt hatte mit meinen Freunden Wettrennen zu veranstalten und anschließend in dem Fluss zu schwimmen. Das kühle Wasser auf meiner Haut zu spüren. Den Sand zwischen meinen Zehen. Die warme Sonne auf meinem Gesicht, wenn wir uns zum trocknen auf die großen Handtücher gelegt hatten.

   Ein leises Seufzen entglitt mir.

   Ob ich die Sonne jemals wiedersehen würde? Eine weitere Frage ohne Antwort. Ich hoffte es, aber Hoffnung war hier wohl fehl am Platz. Ich wusste nicht einmal was aus meinen Freunden geworden war. Geschweige denn aus meiner Familie. Wie lange saß ich jetzt schon hier fest? Einen Monat? Zwei vielleicht? Ich wusste es nicht. Hier hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren. Ob sich meine Eltern wohl um mich sorgten? Oder waren sie genau wie ich irgendwo in diesem Gebäude? Ebenfalls in Dunkelheit gehüllt und frierend. Ich hoffte, dass das nicht der Fall war. Aber wer wünschte sich schon sowas für irgendjemanden.

   Ich kam mir hier so nutzlos vor. Und genau das Gefühl versuchten mir auch diese furchtbaren Menschen zu vermitteln. Das Gefühl der Wertlosigkeit. Sie wollten mich brechen, aber das würden sie nicht schaffen. Zumindest würde ich es ihnen nicht leicht machen.

   Entschlossen hob ich meinen Blick und starrte ihnen entgegen. Diesen Gitterstäben. Sie schienen mich regelrecht auszulachen. Sollten sie doch! Es war mir egal. Mich würden sie nicht so einfach klein kriegen. Niemals würde ich das zulassen. Das war ich meiner Familie und meinen Freunden schuldig. Ich würde es schaffen von hier weg zu kommen. Egal wie lange ich dafür brauchen würde, ich würde es schaffen.

   Ein lautes Lachen durchschnitt die Stille. Es dauerte einen Moment bis ich begriff, dass dieses Lachen von mir kam. Es war ein seltsames Gefühl. Aber es fühlte sich gut an. So lange hatte ich schon nicht mehr gelacht. So lange. Ich lachte wieder und es klang so wunderbar. Nein, sie konnten mich nicht brechen. Sie würden sich an mir die Zähne ausbeißen. Sie hatten mich hier in diesen Käfig eingesperrt, aber brechen konnten sie mich nicht!

   „Hört ihr? Ihr werdet mich nicht brechen! Das werde ich nicht zulassen!“

   Ich hörte eine schwere Tür aufgehen und nahm leise Schritte wahr. Sie kamen. Doch ich hatte keine Angst mehr. Sollten sie doch kommen. Siegessicher blickte ich meiner Zukunft entgegen.

 

 

Zurück                                                                                          Weiter         

Kapitelfortschritt:

 

Halbblut

10%
.

 

Ayaka & das Drachental

10%
.

 

Projekt 120

70%
.

Diese Seite ist seit dem 12. Mai 2011 online.