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Kapitel 2

 

>Waldmohr... nicht nur der Name klingt langweilig, sondern der gesamte Ort ist langweilig. Hier ist nichts los!<

   Genervt starrte Ayaka aus dem Fenster ihres neuen Zimmers. Fünf Tage waren sie nun schon in ihrem neuen Haus. Sie wartete die ganze Zeit darauf, dass irgendetwas spannendes passierte, aber es war totenstill. Gelegentlich fuhr mal ein Auto vorbei, aber selbst das war selten. Die Braunhaarige erinnerte sich an die stets überfüllten Straßen in Tokyo zurück und musste bei der Erinnerung erneut mit den Tränen kämpfen.

   >Nicht nur dass wir in ein Kaff wie dieses ziehen mussten, nein, dann ziehen wir auch noch an den äußersten Rand. In der Ortsmitte gibt es wenigstens Verkehrsgeräusche! Ich halte diese Ruhe nicht aus!< wütend schlug sie mit der rechten Faust auf die Fensterbank. Ihre Eltern hatten ein Haus in der Lessingstraße gekauft. Die Straße lag am äußersten Rand des Ortes und direkt dahinter war ein Wald. In der Nähe war zwar ein Industriegebiet, aber selbst von dort kamen kaum Geräusche. Das Einzige was man hören konnte, war Vogelgezwitscher, gelegentlich ein Auto und ab und zu auch mal ein paar Kinder die Fangen spielten.

   „Ayaka! Das Essen ist fertig!“ rief ihre Mutter aus der Küche. Mit mieser Laune stand Ayaka auf und ging runter in die kleine, helle Küche. Dort setzte sie sich hin und sah lustlos auf ihren Teller hinab.

Besorgt musterte Frau Murasaki ihre Tochter, welche nur gelangweilt in ihrem Essen rumstocherte.

   „Aber Kind! Du musst doch mal was essen.“ vorwurfsvoll blickte sie die 16 jährige an.

   „Ich habe aber keinen Appetit.“ grummelte die Angesprochene leise vor sich hin und stand wortlos auf. „Ich gehe ein wenig spazieren.“ sagte sie jetzt ein wenig lauter und verließ das Haus, bevor ihre Eltern etwas dazu sagen konnten.

   Ratlos stand sie jetzt vor ihrem neuen Zuhause und wusste nicht wo sie hin sollte. Sie kannte hier niemanden und in die Schule musste sie auch erst in fünf Wochen, da jetzt gerade Sommerferien waren. Kurz gesagt sie war noch nicht viel vor die Tür gekommen seid sie hier wohnten und dementsprechend kannte sie sich hier auch aus. Sie lief einfach ein wenig die Straße entlang und sah dann eine Abzweigung, die in den Wald führte. Sie kam auf eine Brücke und stellte sich ans Geländer. Unter der Brücke waren zwischen lauter Gestrüpp alte Zuggleisen zu erkennen, welche wohl schon einige Jahre stillgelegt waren. Langsam schlenderte Ayaka weiter und bog dann in einen Waldweg ein. Eine Weile folgte sie dem Weg, bis dieser endete und es in vier verschiedene Richtungen weiter gehen konnte. Rechts von ihr führte ein Weg unter einer weiteren Brücke durch und auf eine Straße. Neben dem Pfad, von dem sie kam, führte einer wieder in die Richtung zurück aus der sie gekommen war. Dann gab es noch einen Pfad gerade aus weiter und einen nach links. Beide führten anscheinend tiefer in den Wald. Die Braunhaarige entschied sich für den linken Weg. Gedankenverloren starrte sie in das Grüne Blätterdach.

   >Wie gerne wäre ich jetzt mit meinen Freunden im Eiscafé und wir würden wieder Witze über unsere Lehrerin erzählen.< Traurig senkte sie ihren Blick und schaute auf den Weg vor ihren Füßen.

   Nach einigen weiteren Minuten endete dieser an einem Weiher. Die 16 jährige schaute sich etwas um und entdeckte eine kleine Grillhütte. Langsam ging sie dort hin und setzte sich auf die Stufen, welche zum Eingang der Hütte führten. So blieb sie eine Weile sitzen und sah sich den Weiher an. Dieser Ort gefiel ihr irgendwie. Es war zwar immer noch ruhig, aber diese Ruhe war nicht so erdrückend wie in dem Haus, das ihre Eltern gekauft hatten. Diese Ruhe war eher angenehm.

Nach einer halben Ewigkeit, wie es ihr vorkam, bemerkte sie, dass die Sonne schon unterging.

   >Ich sollte besser wieder zurück gehen< dachte das braunhaarige Mädchen und stand dann auf. Noch einmal warf sie einen Blick auf den Weiher und machte sich dann auf den Weg. Nach ungefähr einem Drittel des Weges fiel ihr eine Abzweigung auf. Irritiert blieb sie stehen.

   >Seltsam, die habe ich vorhin noch nicht gesehen.< Nach kurzem Zögern packte sie die Neugier und sie bog in den unbekannten Pfad ein. >Wo der wohl hinführt?<

   Einige Minuten vergingen und der Pfad nahm immer noch kein Ende. Gerade als Ayaka wieder umdrehen wollte, hörte sie ein seltsames Geräusch. Es hörte sich an als würde irgendetwas verdammt Großes gegen die Rinde eines Baumes scheuern. Ein Teil von Ayaka schrie gerade danach umzukehren, aber ihre Neugierde war einfach zu groß. Langsam und wachsam ging die 16 jährige weiter. Nach einigen Schritten war das Geräusch verstummt. Angespannt ging sie weiter und kam dann schließlich auf einer Lichtung an.

   Die Rinde der Bäume am Rande der Lichtung war komplett abgerissen, so als hätte etwas Großes und Raues daran gescheuert. Zögernd betrat sie die Lichtung und entdeckte auf dem Boden einen gigantischen Abdruck. Erschrocken taumelte die Braunhaarige zurück und konnte gerade so einen Schreckensschrei unterdrücken. Der Abdruck sah aus wie die Pranke eines riesigen Raubtiers. Ein wenig erinnerte er an den Fuß eines Fleischfressenden Dinosauriers.

   >Was auch immer das war, es ist verdammt groß. Ich glaube ich sollte doch besser wieder zurück gehen.< Gerade als sich Ayaka umdrehen wollte sah sie zwischen den Bäumen etwas blaues. Die Braunhaarige bekam es mit der Angst zu tun, aber dennoch bewegten sich ihre Beine wie von selbst in die Richtung dieses blauen Etwas. Die Neugierde war einfach größer als die Angst. Noch einmal hörte sie das Geräusch der abreißenden Rinde, es gab einen starken Windstoß und dann war alles still. Erschrocken war die Blauäugige kurz stehen geblieben, bevor sie weiter lief. Sie traute ihren Augen nicht. Vor ihr waren sämtliche Bäume abgeknickt oder sogar entwurzelt. Selbst die kräftigsten Baumstämme waren umgekippt. Irgendetwas Riesiges musste sich in diesem Wald befinden. Ayaka wurde das langsam zu unheimlich und sie beschloss umzukehren, solang sie noch den Weg erkennen konnte.
   Schnell machte sie auf dem Absatz kehrt und lief zügig den Weg zurück, den sie gekommen war. Es dauerte nicht lange bis sie wieder auf dem vorigen Weg ankam. Kurz blieb die 16 jährige stehen und atmete noch ein paar Mal tief ein und aus. Nachdem sie sich beruhigt hatte, machte sie sich auf den Heimweg. Vor ihrer Haustür kramte sie ihren Schlüssel, welchen sie vor ihrem stürmischen Verschwinden noch eingesteckt hatte, aus der Hosentasche und betrat das ungeliebte neue Zuhause.

   Ihre Eltern waren gerade im Wohnzimmer und beachteten das braunhaarige Mädchen nicht weiter. Das war Ayaka auch nur recht. So konnte sie ohne weitere gezwungene Gespräche in ihrem Zimmer verschwinden.

   Erleichtert lies die 16 jährige sich auf ihr weiches Bett fallen. Nach einer Weile wanderten ihre Gedanken wieder zu dem eben erlebten.

>Was das wohl für ein Ding war?< Nachdenklich setzte sie sich auf. >Morgen werde ich noch einmal in den Wald gehen!< beschloss die Braunhaarige.

   Von der leichten Panik, die sie im Wald verspürt hatte, war in ihrem sicheren Zimmer nichts mehr übrig. Darum verschwendete sie auch keinerlei Gedanken daran, dass ihr Vorhaben unter Umständen gefährlich sein könnte. Das Einzige was für sie im Moment zählte, war dass sie endlich eine spannende Beschäftigung gefunden hatte. Mit einem leichten Grinsen im Gesicht legte sie sich hin und schlief auch bald darauf ein.

 

 

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Kapitelfortschritt:

 

Halbblut

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Ayaka & das Drachental

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Projekt 120

70%
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